Mustererkennung

Warum die Mustererkennung für unsere Kommunikation so wichtig ist

Wenn wir Informationen austauschen, wollen wir, dass wir verstanden werden. Mit manchen Personen klappt das wunderbar, mit anderen ist es schwieriger. Woran liegt das?
Grundsätzlich ist jeder Mensch in seiner Gedankenwelt verhaftet, die dem Gegenüber mehr oder weniger gut bekannt ist. Manchen gelingt es sehr gut, andere Personen in diese Gedankenwelt mitzunehmen und ein Thema leicht verständlich aus ihrer Perspektive zu erklären. Was machen diese Menschen anders?
Se fangen nicht bei einem Detail an und entwickeln ihre Gedanken dann vom Hundersten zum Tausendsten, sondern sie nutzen – bewusst oder unbewusst – klare Muster, die ihre Informationen strukturieren, etwa indem sie ihre Ideen thematisch gruppieren. Ihr Gegenüber erkennt diese Muster und kann die Informationen mit deren Hilfe sehr leicht einordnen und verstehen.

Unser Gehirn ist permanent mit Mustererkennung beschäftigt

Das Gehirn untersucht sämtliche Reize nach bekannten Mustern; genauer gesagt ist der Hippocampus die Stelle im Gehirn, die als Nadelöhr zwischen Klein- und Großhirn fungiert. Hier entscheidet sich, welche Informationen vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis gelangen.
Erkennt der Hippocampus ein bekanntes Muster, kann er die Information direkt ans Großhirn weitergeben, indem er an vorhandene Strukturen anknüpft. Neue Informationen rufen im Hippocampus dagegen ein neues spezifisches Aktivitätsmuster zwischen den Nervenzellen hervor. Ein solches Muster muss erst gelernt und etabliert werden. Der Hippocampus bringt es dem Großhirn bei, indem er dessen Nervenzellen aktiviert und das Muster solange wiederholt, bis es im Großhirn bekannt ist.

Nutzt du in deiner Kommunikation bekannte Muster wie erstens/zweitens/drittens, alt/neu, pro/contra, gestern/heute/morgen oder Situation/Problem/Lösung, kann das Gehirn deines Gegenübers diese Muster leicht erkennen. Willst du einen Sachverhalt schildern, dem kein ganz so offensichtliches Muster zugrunde liegt, dann unterstützt du den Hippocampus deiner Zielperson, indem du zunächst vom Allgemeinen zum Besonderen gehst und damit schonmal ein hierarchisches Muster entwickelst. Beginne mit dem großen Bild und komm erst nach und nach zu den Details, so entsteht eine übersichtliche Struktur.
Während unsere Umwelt immer komplexer wird, neigt unser Gehirn zum Simplifizieren. Bei der Wahrnehmung über die Sinnesorgane finden im zentralen Nervensystem zur Informationsübermittlung extrem viele parallele Prozesse statt, das bewusste Denken funktioniert dagegen nur der Reihe nach. Das Gehirn zerlegt komplexe Themen in aufeinanderfolgende Einzelschritte, wobei es stark abstrahiert und einzelne Aspekte auch ganz ausblendet, um ein Muster zu kreieren, das gut weiterverarbeitet werden kann. Beim Abspeichern im Gedächtnis gehen viele Detailinformationen aus der Wahrnehmung verloren, das Gehirn filtert die wesentlichen Aspekte heraus.

Unser Gehirn mag es möglichst einfach

Das Gehirn vereinfacht komplexe Abhängigkeiten, indem es eine Variable als die wesentliche ansieht – dann spricht man von der sogenannten Zentralreduktion. In komplexen Zusammenhängen mit vielen Ursachen und Auswirkungen wird ein Faktor als einzig wesentlich herausgegriffen und darauf das Handeln oder Denken aufgebaut.
Beispielsweise wurde von Forschern lange postuliert, dass es eine analytische, rationale rechte Gehirnhälfte und eine emotionale, kreative linke Gehirnhälfte gibt und dass bei jedem Menschen eine der Hälften dominiert. Diese Theorie gilt inzwischen als überholt, denn man weiß heute, dass das Gehirn ein System ist, bei dem unterschiedliche Aufgaben durch unterschiedliche Hirnregionen, die sich in beiden Hälften des Gehirns befinden, bewältigt werden und gerade erst das Zusammenspiel dieser verschiedenen Bereiche hochkomplexe kognitive und emotionale Prozesse ermöglicht. Trotzdem hält sich der Gehirnhälften-Mythos hartnäckig, weil vielen Menschen eine pauschale Unterteilung in Gefühlsmenschen und rationale Denker entgegenkommt und diese vereinfachte Erklärung in ihrem Kopf als stabiles Muster hinterlegt ist.
Deshalb wird deine Kommunikation umso effektiver, je besser es dir gelingt, das Wesentliche auf ein paar aussagekräftige Kernaussagen zu reduzieren. Wenn du deine Muster mit prägnanten Kernaussagen beschreibst und dich nicht in Details verlierst, fällt es deinem Gegenüber leicht, deine Informationen aufzunehmen (s. auch Blogbeitrag zum Pyramidalen Strukturieren). Sobald die wichtigsten Aussagen im Muster verankert sind, fügst du nach und nach Details hinzu, die deine Zielperson dann wie in einen vorgegebenen Schubladenkasten einordnen kann.

Die Kommunikation funktioniert am besten, wenn wir sprachliche und bildliche Muster kombinieren

Du kannst die Mustererkennung bei deinem Gegenüber also einerseits durch klare inhaltliche, durch Sprache transportierte Muster unterstützen. Daneben steht dir noch die bereits erwähnte Wahrnehmung über die Sinnesorgane zur Verfügung, um ein Muster, das du geschaffen hast, auf möglichst vielen Wegen im Gehirn deiner Zielperson zu verankern.
Bei der bewussten Wahrnehmung über den Verstand kann unser Gehirn etwa 40 bit/Sek. verarbeiten, bei der unbewussten Wahrnehmung über die Sinne dagegen etwa 11 Mio. bit/Sek., davon etwa 10 Mio. bit/Sek. über die Augen (s. auch Blogbeitrag zum Visualisieren). Nutze deshalb die Kombination von Sprache und Bildern, um die von dir genutzten Muster so sichtbar wie möglich zu machen.

Unbewusst nehmen wir beim Betrachten dieser visuellen Muster über das Auge bereits auf, dass es sich um ein Gegensatzpaar, eine Struktur mit einer übergeordneten und drei bzw. vier untergeordneten Kategorien, einen Prozess, einen Kreislauf oder ein Zusammenspiel handelt. Hier muss der Hippocampus nicht erst ein sprachliches Muster decodieren, die Informationen gelangen direkt über das zentrale Nervensystem ins Großhirn.
Bei Präsentationen liegt die Kombination von Text und Bild in der Natur des Mediums, hier gelangen das Muster und die Informationen optimal zur Zielperson. Wenn du dagegen einen Text schreibst oder dich mit jemandem unterhältst, also nur sprachliche Mittel zur Verfügung hast, dann solltest du umso mehr versuchen, dein Muster sichtbar zu machen, indem du beispielsweise körpersprachliche Mittel wie das Aufzählen an den Fingern u.Ä. nutzt oder mit Worten visuelle Bilder erzeugst, die das Muster plastisch vor dem inneren Auge entstehen lassen.
Egal ob es sich um ein Gespräch, einen Text oder eine Präsentation handelt, mach deinem Gegenüber die Mustererkennung so leicht wie möglich. Dann gehörst auch du zu den Menschen, die anderen einen direkten und gut verständlichen Zugang zu ihrer Gedankenwelt ermöglichen können. Überleg dir also, was die Person, mit der du kommunizierst, bereits über dein Thema weiß und mit welchem Muster du ihr den besten Überblick über deine Informationen geben kannst. Dann solltet ihr euch schnell auf einer Wellenlänge austauschen können.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner