Leider ist die typische PowerPoint-Präsentation vielfach immer noch eine Aneinanderreihung von Bullet-Listen. Es werden lediglich Fakten aufgezählt, ohne dass ein Zusammenhang hergestellt wird. Kein Wunder, dass häufig vom Death-by-PowerPoint-Syndrom die Rede ist, denn bei solchen Präsentationen schaltet das Publikum spätestens nach der fünften Folie ab. Doch wir sollten nicht PowerPoint die Schuld daran geben. Eine Software kann nur so intelligent sein wie die Person, die sie nutzt …
Eine Präsentation ist sehr viel mehr als nur eine reine Faktenvermittlung. Selbst wenn du nur Sachinformationen weitergeben willst, geht es immer auch um die Beziehung, die zwischen dir und dem Publikum entsteht. Nur wenn deine Zuhörerinnen und Zuhörern dir vertrauen, werden sie deinen Ausführungen Glauben schenken. Und wenn du nicht nur über Fakten referierst, sondern darüber hinaus etwas verkaufen oder von etwas überzeugen willst, dann ist es umso wichtiger, dass du eine stabile persönliche Verbindung zu deinem Publikum aufbaust.
Das gelingt nicht durch nackte Daten und Fakten, sondern nur wenn du deine Informationen in einen Zusammenhang stellst und die Geschichte zu den Daten und Fakten erzählst. Menschen wollen nicht mehr (und wollten es eigentlich noch nie!) wahllos und endlos mit Sachinformationen zugeschüttet werden. Gib deinem Publikum stattdessen das Gefühl, mit dir an einem Lagerfeuer zu sitzen, und nutze das jahrtausendealte Instrument des Storytellings.
Wenn du eine Geschichte erzählst, hast du sofort die Aufmerksamkeit deiner Empfänger und Empfängerinnen. Geschichten sind nicht abstrakt wie Zahlen, Daten und Fakten. Sie laden dazu ein, mitzudenken und mitzufühlen. Das Publikum kann sich idealerweise mit den Figuren der Geschichte identifizieren – umso mehr, wenn du die Hauptfigur die Perspektive deiner Zuhörerinnen und Zuhörer einnehmen lässt.
Geschichten zielen auf Herz und Hirn deines Publikums
Durch Geschichten werden mehr Bereiche im Gehirn aktiviert als nur durch bloße Fakten. Neben den Arealen zur Sprachverarbeitung werden auch die Bereiche für Sinnesempfindungen, Emotionen, eigene Erinnerungen und sogar für Bewegungen stimuliert. Auf diese Weise entstehen vielfältige Verknüpfungen, die dafür sorgen, dass die Informationen nicht nur besser aufgenommen, sondern später auch besser erinnert werden können. Gedächtniskünstler nutzen häufig Geschichten als Memo-Technik, um eine Abfolge von Begriffen in einen Zusammenhang zu stellen und zu einem späteren Zeitpunkt leicht wieder reproduzieren zu können.
Geschichten kommunizieren immer eine Botschaft, wähle deine Geschichte also passend zu deiner Botschaft aus. Gerade wenn du über sehr komplexe Themen sprichst, kann es helfen, eine konkrete Geschichte zur Veranschaulichung zu nutzen. Erkläre beispielsweise die Funktionsweise eines Produkts aus Sicht eines Anwenders, der sich Schritt für Schritt damit auseinandersetzt und mit allen Funktionen vertraut wird. Dabei kann auch gern erst mal etwas schiefgehen – umso spannender kannst du dann deine Geschichte bis zum Happy End aufbauen.
Der Neurowissenschaftler Uri Hasson hat mit Gehirnscans nachgewiesen, dass Geschichten die Gehirne von Vortragendem und Zuhörenden auf der gleichen Wellenlänge schwingen lassen. Im Verlauf der Geschichte synchronisieren sich die Gehirne immer mehr, man spricht dann von einem »neuralen Einschwingen«. Wenn du Storytelling in Perfektion erleben möchtest, dann schau dir auf Youtube eine Rede von Barack Obama an. Er ist ein Meister darin, sein Publikum mit jeweils genau der richtigen Geschichte dort abzuholen, wo es steht, und in seine Argumentation mitzunehmen.
Geschichten zeigen überall Wirkung. Egal, ob du auf einer Party oder im Büro neue Leute kennenlernst, ob du dich bei einem Bewerbungsgespräch in Szene setzen möchtest, ob du mit deinen Mitarbeitern oder Kunden sprichst: Mit Geschichten stellst du sofort eine persönliche Verbindung her. Du kannst sie einsetzen, um zu informieren, zu überzeugen oder zu motivieren, als Führungskraft kannst du damit auch hervorragend Problemlösungsprozesse gestalten. Wenn du Geschichten erzählst, hören dir die Menschen in deinem Umfeld gern zu und sind offen für dich als Person und für deine Ideen.
Je nach Situation kannst du auch mit mehreren Story-Elementen arbeiten. Wenn du beispielsweise eine Präsentation ausgearbeitet hast, dann sollte sie deine große Geschichte erzählen und in sich abgeschlossen sein. Vielleicht möchtest du aber mit einer kleinen persönlichen Geschichte beginnen, weil dein Publikum dich noch nicht kennt und du erst mal eine gemeinsame Basis herstellen möchtest, bevor du mit deiner Präsentation beginnst? Kein Problem! Je bunter und abwechslungsreicher dein Vortrag ist, desto lieber wird dein Publikum dir zuhören. Besonders schön ist es natürlich, wenn alle Story-Elemente ineinandergreifen und du am Ende den Kreis schließen kannst zu der Geschichte, mit der du begonnen hast.
Welche Story für welchen Zweck?
Natürlich geht es nicht darum, eine x-beliebige Geschichte zur bloßen Unterhaltung zu erzählen – auch wenn Unterhaltsames immer gut geeignet ist, um die Stimmung gleich am Anfang oder auch mal zwischendrin aufzulockern.
Du solltest dir überlegen, was die Geschichte hauptsächlich transportieren soll. Willst du deine Kompetenz unter Beweis stellen, dann eignen sich Geschichten über Erfolgserlebnisse und Aha-Momente deiner (beruflichen) Entwicklung. Willst du menschlich etwas nahbarer rüberkommen, dann kannst du auch Einblicke in dein Gefühlsleben geben oder Misserfolge thematisieren – ich würde dir jedoch nicht empfehlen, damit anzufangen …
Die bereits erwähnte Anwenderstory eignet sich hervorragend, um Produkte und Prozesse an einem konkreten Beispiel zu erläutern. Ähnlich verhält es sich mit Referenzstorys: Hier lässt du etwa deine Kunden zu Wort kommen und kannst dadurch elegant Einblicke in deine Arbeitsweise geben, ohne dich selbst in den Vordergrund zu stellen. Genauso funktionieren auch Storys über andere Personen oder Unternehmen: Hier kannst du über inspirierende Beispiele sprechen und eine Verbindung zu dir selbst herstellen, ohne dass es wie platte Werbung für dich selbst wirkt. Auch Analogien aus bekannten Filmen und Büchern können einen komplexen Sachverhalt gut auf den Punkt bringen – du musst nur sicher sein, dass deine Zielgruppe die jeweilige Geschichte kennt und die Parallele versteht.
Ohne Konflikt keine Geschichte
Eine spannende und mitreißende Geschichte entsteht, wenn die Hauptfigur (das kannst du selbst sein, eine andere Person, eine Marke oder ein Unternehmen) in Schwierigkeiten gerät. Sicher erinnerst du dich an den klassischen Dreiakter von Aristoteles: Einführung, Konfrontation, Auflösung. Das ist die simpelste Struktur für den Aufbau einer Geschichte. Falls du deine Inhalte nach dem pyramidalen Prinzip strukturierst, findest du in der Argumentationskette genau dieses dreiteilige Prinzip wieder. Mit einer solchen Kette kreierst du automatisch eine interessante Story für deine Präsentation.
Neben dem Dreiakter von Aristoteles haben diverse Autoren und Hollywood inzwischen weitere Plotstrukturen mit mehr als drei Hauptteilen entwickelt. An deiner Stelle würde ich es allerdings nicht zu komplex machen. Du kannst die Spannung steigern, indem du überraschende Wendepunkte oder sogar Cliffhanger in deine Story einbaust. Je dramatischer das Problem, desto spannender ist die Geschichte natürlich.
Wenn du bisher kein großer Geschichtenerzähler warst, dann empfehle ich dir, vor deinem Vortrag ein wenig zu üben, denn du wirst dich von der Präsentation als Redemanuskript lösen müssen, um die Geschichte flüssig und überzeugend zu erzählen. Auch das wird dein Publikum sehr schätzen, denn begleitetes Vorlesen von Präsentationsfolien ist ähnlich beliebt wie eine Bullet-Liste an der anderen …
Überprüfe bei dieser Gelegenheit auch noch mal, ob die Geschichte, die du erzählst, zum Publikum passt (s. Blogbeitrag zur Empfängerorientierung) und klar strukturiert ist (s. Blogbeitrag zum pyramidalen Strukturieren), dann ermöglichst du deinen Empfängern und Empfängerinnen den bestmöglichen Zugang zu deinem Thema …